Für die kommenden Jahre wurden EU-Klimaziele festgelegt. Vertreter des Europäischen Parlaments und des Rates der Mitgliedstaaten einigten sich am Dienstagabend darauf, die Treibhausgasemissionen bis 2040 grundsätzlich um 90 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Allerdings gibt dieser Kompromiss 27 Staaten einen gewissen Spielraum. Der CO2-Preis für Heizen und Tanken soll gestundet werden. Ab 2050 darf nur noch emittiert werden, was Natur und Technik speichern können.
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Während die EU bereits vor dem Abkommen Klimaziele festgelegt hatte, handelt es sich bei dem aktuellen um eine weitere Zwischenstufe. Bis 2030 sollen die Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 sinken. Die EU will bis 2050 klimaneutral sein, das heißt, sie will nicht mehr Treibhausgase ausstoßen, als sie zurückgewinnen kann. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur (EUA) ist die EU derzeit weitgehend auf einem guten Weg, das Ziel für 2030 zu erreichen. Laut EU-Klimagesetzgebung ist weiterhin ein verbindliches Ziel bis 2040 erforderlich. Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens ist nicht bekannt.
Der Vorschlag der Kommission wurde deutlich abgeschwächt
Der nun erzielten Einigung mit dem Europaparlament gingen lange Diskussionen zwischen den EU-Ländern voraus. Grundlage für das 2040-Ziel war ein im Juli vorgelegter Vorschlag der Europäischen Kommission, der nun deutlich abgeschwächt wurde. Angesichts der wirtschaftlichen Belastungen, des angespannten geopolitischen Umfelds und der industriellen Probleme gab es in einigen EU-Staaten Widerstand – etwa gegen die teilweise als zu hoch kritisierte Kürzung um 90 Prozent.
EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra sagte, das Abkommen sei pragmatisch und ehrgeizig und biete Schnelligkeit, Vorhersehbarkeit und Flexibilität. „Es zeigt vor allem, dass Klima, Wettbewerbsfähigkeit und Freiheit Hand in Hand gehen und ist ein starkes Signal an unsere globalen Partner“, sagte der Niederländer.
Klimaschutzkredit im Ausland
Während die internationale Gemeinschaft bestehende Klimaziele im eigenen Land erreichen muss, können durch Klimazertifikate aus dem Ausland ab 2036 fünf Prozentpunkte zum neuen Zwischenziel erreicht werden. Allerdings müssen die Details noch geklärt werden.
Klimazertifikate aus Nicht-EU-Ländern sollen Treibhausgasemissionen mit Ursprung in der EU ausgleichen können: Dadurch soll es möglich werden, Emissionsgutschriften für Projekte zu erwerben, die Kohlenstoff aus der Atmosphäre speichern oder daraus entfernen, und diese zu den lokalen Minderungen zu addieren.
Kritiker befürchten bei der Verwendung ausländischer Zertifikate zur Kompensation, dass wirtschaftlich schwächere Staaten im globalen Süden ihre nationalen Klimaziele bewusst niedriger ansetzen, um die Europäer für die Erhöhung bezahlen zu lassen – oder dass die Reduzierung doppelt angerechnet werden könnte.
Die Preisexplosion beim Heizen soll gestoppt werden
Unterhändler aus Mitgliedsstaaten und Europaparlament haben sich nun auch darauf geeinigt, dass Kraftstoffe wie Benzin und Erdgas erst ab 2028, also ein Jahr später als geplant, in das Handelssystem mit Treibhausgaszertifikaten einbezogen werden. Dadurch sollen starke Preissteigerungen beim Tanken und Heizen für Verbraucher derzeit vermieden werden.
Beim Emissionshandel müssen Unternehmen nachweisen, dass sie berechtigt sind, Treibhausgase auszustoßen. Tatsächlich soll ab 2027 auch Treibstoff einbezogen werden, was insbesondere den Verkehrs- und Gebäudesektor betrifft. Treibhausgase sind Gase in der Erdatmosphäre, die zum Treibhauseffekt beitragen und somit eine wichtige Rolle beim Klimawandel spielen. Zu den klimabedingten Treibhausgasen zählen Kohlendioxid (CO2), Methan und Lachgas.
Das Ziel sollte regelmäßig überprüft werden
Darüber hinaus wurde nun beschlossen, dass die EU-Kommission alle zwei Jahre überprüfen muss, ob die EU auf dem richtigen Weg ist – und ob das 2040-Ziel mit der Wettbewerbsfähigkeit und dem wissenschaftlichen Wissen Europas vereinbar ist. Bei Bedarf soll die Kommission auch neue Gesetzesvorschläge machen können. Wenn Kohlenstoffsenken wie Wälder oder Moore weniger als erwartet zur Emissionsminderung beitragen, sollte das Minderungsziel gesenkt werden.
Lena Schilling (Grüne) bezeichnete die Einigung auf eine Reduzierung der Emissionen um 90 Prozent als „hart erkämpften Meilenstein“.
„Denn es bestimmt, wie wir die Klimapolitik in den nächsten fünfzehn Jahren gestalten. Wir haben um jeden Millimeter großen Ehrgeizes gekämpft: gegen den Rat und gegen rechte Gruppen, die den menschengemachten Klimawandel leugnen. Dass internationale Klimazertifikate künftig strenge Qualitätskriterien erfüllen müssen, ist ein klarer grüner Erfolg. Wenn stattdessen Mitgliedstaaten bereit sind, in Milliarden von Steuerzertifikaten europäischer Länder zu investieren. Klimaschutz, dann haben wir zumindest dafür gesorgt, dass dieses reale Klima Schutz bringt.“
„Aber eines bleibt klar: Um wirklich 90 Prozent zu erreichen, braucht es Veränderungen in der EU. Mit der aktuellen Aushöhlung und Aufweichung der Klimagesetzgebung werden wir dieses Ziel nicht erreichen“, so Schilling abschließend.
Linda Kalcher von der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives sprach von einem positiven Zeichen: „Entgegen der politischen Rhetorik in vielen Ländern herrscht beim Klimaschutz immer noch Konsens.“ Das neue Ziel schafft Klarheit für Investoren und Unternehmen, sodass Innovation und Wettbewerbsfähigkeit gefördert werden können.
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