Das Thema Migration und Asyl ist in der EU und ihren Mitgliedstaaten allgegenwärtig. Vor wenigen Tagen einigten sich die EU-Innenminister in Brüssel auf strengere Asylregeln. Zukünftig soll es möglich sein, Abschiebezentren (Rückführungszentren) außerhalb der EU einzurichten. Innenminister Gerhard Kerner (ÖVP) sprach sich vor dem Rat erneut für diese Zentren aus. Die Idee dahinter: Menschen, die die EU verlassen müssen, deren Land sie aber nicht zurücknimmt, können in ein Drittland abgeschoben werden. Darüber hinaus zielen zwei weitere Regelungen darauf ab, Rückführungs- und Asylverfahren EU-weit schneller, einfacher und effizienter zu gestalten.
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„Ich bin sehr skeptisch“, sagt Migrationsexperte Gerald Knoss am Donnerstagabend in der ORF-Sendung „ZiB 2“ auf die Frage nach den umstrittenen Abschiebezentren. Nicht in Bezug auf die Länder, die die geforderten Standards erfüllen, sondern in Bezug auf die Anzahl der beteiligten Personen. Die Zahl, die ein anderes Land überzeugen könne, „wird immer sehr gering sein“. Auch Knaus betont: „Vergessen wir nicht, dass es hier nur um Menschen geht, die bereits irregulär in der EU angekommen sind, das Asylverfahren abgeschlossen haben und keinen Schutz erhalten.“
Im Falle Österreichs handelte es sich in den letzten Jahren in den meisten Fällen um Schutzsuchende. Die neuen Regeln gelten für sie also überhaupt nicht.
Migrationsexperten sehen in sicheren Drittstaatenabkommen eine große Chance
Knaus glaubt nicht, dass Menschenrechtsverletzungen Anlass zur Sorge mehr geben. „Ich glaube nicht, dass das ein Tabubruch ist“, sagt der Migrationsexperte. In jedem Fall werden EU- und nationale Gerichte stets prüfen, ob im Aufnahmeland die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung besteht. Es besteht jedoch kein Grund, große Hoffnungen darauf zu hegen, dass die Zahl der irregulären Einreisen zurückgehen wird.
Auf die Frage nach dem Umgang mit Migranten, die Straftaten begangen haben und über eine gültige Aufenthaltserlaubnis verfügen, sagt Knaus, dass diese bereits jetzt beispielsweise nach Afghanistan oder Syrien abgeschoben werden könnten. „Die Schwierigkeit besteht darin, Länder davon zu überzeugen, ihre eigenen Bürger aufzunehmen“, erklärt der Experte. Diese Schwierigkeit bleibt auch bei Verhandlungen mit einem Nachbarland oder einem Drittland bestehen.
„Der Fokus sollte sich weg von diesen Rückführungszentren bzw. bereits abgewiesenen Personen hin zu der wirklich wichtigen Neuerung in diesem EU-Paket verlagern“, erklärt Knaus. Mit dieser Innovation können sichere Drittstaatenverträge abgeschlossen werden. Das bedeutet: Ab einem bestimmten Datum werden alle nach diesem Datum ankommenden Personen nach einer Aufnahmeprüfung in ein Drittland zum Asylverfahren überstellt. Damit werden die festgelegten Bedingungen der Menschenrechte erfüllt. „Dadurch könnte die Zahl der Menschen, die in der EU ankommen oder sterben, drastisch sinken“, ist sich Knaus sicher.
Für ihn sei es eine „humane Form der Kontrolle irregulärer Migration“ und „eine Reaktion auf Donald Trumps Abschreckungspolitik – auch durch Terror“.
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