Drei Jahre nach dem Anschlag auf die Gaspipelines Nord Stream in der Ostsee kann einer der mutmaßlichen Täter nicht von Polen an Deutschland ausgeliefert werden. Ein Gericht in Warschau lehnte die Überstellung des 46-jährigen Ukrainers Wolodymyr Z ab und hob seine Untersuchungshaft auf, berichtete die Agentur PAP am Donnerstag. Am Mittwoch blockierte der Oberste Gerichtshof Italiens die Auslieferung eines weiteren in Italien festgenommenen Verdächtigen.
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Der Richter befand, dass das deutsche Auslieferungsersuchen nicht hinreichend begründet sei. Die deutsche Seite habe nur sehr allgemeine Informationen geliefert, sodass das polnische Gericht keine Beweise für einen konkreten Fall habe, wurde er von PAP zitiert. Gegen die Entscheidung kann Berufung eingelegt werden.
Der von Deutschland mit europäischem Haftbefehl gesuchte Ukrainer Wolodymyr Z. wurde in Pruszków bei Warschau festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe handelt es sich um einen ausgebildeten Taucher, der mutmaßlich Mitglied einer Gruppe war, die Sprengsätze an Nord-Stream-Gaspipelines nahe der Insel Bornholm angebracht hatte. An den notwendigen Tauchgängen sollen Ukrainer beteiligt gewesen sein. Führende deutsche Staatsanwälte beschuldigten ihn einer Kombination aus Sprengstoffexplosion und verfassungswidriger Sabotage.
Nach der Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit sprach sein Anwalt Timotiusz Paprocki von einem der wichtigsten Tage in der Geschichte der polnischen Justiz. Er sagte vor der Anhörung, dass kein Ukrainer wegen einer gegen Russland gerichteten Tat angeklagt werden dürfe. Paprocki äußerte zudem die Ansicht, dass Wolodymyr Z. in Deutschland keinen fairen Prozess erhalten würde.
Tusk: Urteil „richtig“
Der polnische Premierminister Donald Tusk sagte, das Gericht habe die Auslieferung „zu Recht“ abgelehnt. „Fall abgeschlossen“, schrieb er auf der X-Plattform. Tusk hatte zuvor erklärt, es sei nicht im Interesse seines Landes, den Mann anzuklagen oder ihn an einen anderen Staat auszuliefern. Ähnliche Aussagen machte am Mittwochabend auch das Nationale Sicherheitsbüro BBN, das Präsident Carol Nawrocki unterstellt ist.
Die politische Führung Polens war stets gegen den Bau der Pipeline und warnte davor, dass sie von Russland als Erpressungsinstrument eingesetzt werden könnte. Daran haben auch der Regierungswechsel vor zwei Jahren und der jüngste Wechsel im Präsidentenamt nichts geändert. In Medienberichten wird immer wieder an einer möglichen polnischen Unterstützung oder zumindest Sympathie für die Angreifer gezweifelt.
Noch ist unklar, wer hinter dem Angriff auf die Pipeline steckt. Die Regierung in Kiew hat Spekulationen zurückgewiesen, dass die Ukraine die Explosionen angeordnet haben könnte.
Zweiter Ukrainer in Italien festgenommen
Auch sein 49-jähriger Landsmann Serhij K. wird von der Bundesanwaltschaft mit den gleichen Anklagen wie Wolodymyr Z. konfrontiert. Ermittler gehen davon aus, dass er der Drahtzieher der Sabotageaktion ist. Serhij K. Er wurde während seines Sommerurlaubs im August in Italien erwischt. Ursprünglich sollte er an Deutschland ausgeliefert werden. Am Mittwoch hob das Kassationsgericht in Rom jedoch überraschend die in einem früheren Präzedenzfall gewährte Auslieferung aufgrund von Verfahrensfehlern auf.
Der Anschlag im Herbst 2022 sorgte weltweit für Schlagzeilen. Mehrere Explosionen beschädigten zwei Pipelines so stark, dass das Gas nicht mehr passieren konnte. In der Nähe von Bornholm wurden Explosionen registriert. Nach einiger Zeit wurden in drei der vier Rohre vier Lecks festgestellt.
Bisher wurde russisches Erdgas über Nord Stream 1 nach Deutschland geleitet. Nord Stream 2 war aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine noch nicht betriebsbereit.
Taucher zu den Standorten der Ermittler
Nach der Tat stellte sich schnell die Frage, wie die Sprengladungen platziert wurden, um die Pipelines zu beschädigen. Experten sagten, die Sprengkörper seien wahrscheinlich von ausgebildeten Tauchern angebracht worden. Beamte mehrerer Länder leiteten Ermittlungen ein. Dänemark und Schweden stellten das Verfahren jedoch ein.
Über die Täter und Drahtzieher gibt es schon seit längerem diverse Spekulationen. Schließlich nahmen die Ermittler Wolodymyr Z. ins Visier, einen Ukrainer, der sich ebenfalls in Polen aufhielt.
Missgeschick beim ersten Festnahmeversuch
Doch der erste Festnahmeversuch der polnischen Behörden scheiterte 2024. Wolodymyr Z. floh aus seiner Heimatstadt. Die Ausreise sei möglich gewesen, weil die deutsche Seite keinen Eintrag in das Schengen-Register vorgenommen habe, in dem die mit europäischen Haftbefehlen Gesuchten verzeichnet seien, teilte die polnische Staatsanwaltschaft damals mit. Den polnischen Grenzschutzbeamten lagen keine Informationen vor, um ihn festzunehmen.
Ein Sprecher der Warschauer Staatsanwaltschaft sagte am Tag der Festnahme, es sei nicht bekannt, wann Wolodymyr Z. aus der Ukraine wieder nach Polen eingereist sei.
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